Schleppjagd zu Clemenswerth – Eine fotografische Annäherung
Wenn auf dem Schlossplatz von Clemenswerth die Hörner erklingen und das freudige Geläut der Foxhounds durch die barocken Alleen hallt, dann scheint für einen Moment die Zeit stillzustehen. Vor der Kulisse des sternförmig angelegten Jagdschlosses entfaltet sich ein Ritual, das Jahrhunderte überdauert hat – die Schleppjagd.
Ich habe sie über Jahre hinweg mit der Kamera begleitet. Meine Fotografien zeigen nicht das Spektakel, sondern die Stille dazwischen – jene feinen, oft übersehenen Momente, in denen sich Tradition, Konzentration und Natur zu einer flüchtigen Choreografie verbinden.
Eine Choreografie aus Klang, Bewegung und Disziplin
Nach der Hubertusmesse formiert sich die Jagdgesellschaft auf dem weiten Schlossplatz.
Das Handeln eines Jägers ist nicht nur ein bloßer Ausdruck einer Leidenschaft, sondern vielmehr eine echte Verantwortung für die Schöpfung und die in ihr lebenden Tiere.
Reiterinnen und Reiter in schwarzen und roten Röcken und dunklen Reitstiefeln, die Pferde glänzend gestriegelt, die Hunde unruhig und gespannt.


Einer der Reiter legt die Schleppe, eine künstliche Duftspur aus Fischtran, der die Cappenberger Meute folgt. Dann ertönt das Signal – ein heller, durchdringender Klang, der durch die Alleen zieht wie ein Ruf aus einer anderen Zeit. Rund zwanzig Foxhounds stürmen los, ihr gemeinsames Bellen – das „Geläut“ – formt einen Klangteppich, der Landschaft und Geschichte miteinander verwebt.


Begleitet werden sie von den berittenen Pikören, die die Hunde führen, lenken, bremsen. Die Jagd ist keine Jagd mehr im ursprünglichen Sinn. Sie ist Inszenierung und Erinnerung und Tanz zugleich – ein Gleichgewicht aus Kontrolle und Hingabe.




Barocke Kulisse, lebendige Geschichte
Schloss Clemenswerth ist mehr als eine Kulisse. Erbaut im 18. Jahrhundert für Kurfürst Clemens August von Bayern, war es einst Ausdruck höfischer Macht und Ordnung. Gebaut für die Parforcejagd, wird das Schloss durch die Choreografie der Schleppjagd jedes Jahr aufs Neue zum Leben erweckt.
Das Schloss wird zur Bühne einer lebendigen Tradition – einer Inszenierung, die nicht verstaubt wirkt, sondern atmend, pulsierend, echt. HHier treffen Vergangenheit und Gegenwart in einem Moment zusammen, der nur kurz dauert – und doch seit Jahrzehnten immer wiederkehrt.

Nachklang
Wenn die Meute zurückkehrt, die Pferde dampfen und der Wind die letzten Töne der Hörner davonträgt, folgt der stille Abschluss: Das Curée für die Hunde, der Eichenbruch für die Reiter – alte Zeichen der Anerkennung und Dankbarkeit.



Dann kehrt Ruhe ein. Nur noch das leise Schnauben der Pferde, das Rascheln von Laub, das entfernte Echo eines Horns. Was bleibt, ist der Eindruck einer lebendigen Verbindung – zwischen Mensch, Tier und Landschaft, zwischen Geschichte und Gegenwart.
Über die Fotoreihe
Meine Schwarz-Weiß-Serie zur Schleppjagd zu Clemenswerth entstand über mehrere Jahre hinweg. Die Fotografien zeigen Reiter und Hunde in Bewegung – aber auch die stillen Zwischenräume: das gespannte Warten vor dem Start, den Moment der Sammlung, den Blick eines Pferdes, den Dunst eines Herbstmorgens über den Feldern.
In der Reduktion auf Licht und Schatten entsteht eine eigene Zeitlosigkeit. Die Bilder erzählen von Disziplin und Leidenschaft, von Gemeinschaft und Geschichte – und von der Schönheit einer Tradition, die im Rhythmus der Hörner weiterlebt.
Zu sehen ist die Fotoserie großformatig auf Alu-Dibond bis zum 14. Dezember 2025 auf Schloss Clemenswerth im Pavillon „Hildesheim“.
Organisation und Dank
Organisiert wird das Jagdtreiben vom Reit- und Fahrverein Sögel in Zusammenarbeit mit dem Cappenberger Schleppjagdverein, dem Emslandmuseum Schloss Clemenswerth, der Samtgemeinde Sögel und dem Landkreis Emsland. Ihnen ist es zu verdanken, dass diese Tradition Jahr für Jahr fortbesteht – als kulturelles Erbe und als Begegnung von Geschichte, Natur und Gemeinschaft.
Die Schleppjagd zu Clemenswerth ist kein Spektakel, sondern ein lebendiges Ritual – ein Echo vergangener Zeiten, das noch immer über die Felder des Emslands hallt.





