Jagd und Hege
In der aktuellen Debatte über Jagd und Wildtiermanagement wird der Begriff der Hege oft mit der Fütterung verwechselt. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass die Hege einen viel umfassenderen Ansatz verfolgt und keineswegs mit der bloßen Fütterung von Wildtieren gleichgesetzt werden kann. Tatsächlich ist die Fütterung von Wild in Deutschland, außer in genau definierten Notzeiten, gesetzlich stark eingeschränkt. Doch was bedeutet Hege eigentlich? Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen und die Bedeutung der Hege im Kontext des Naturschutzes.
Hege – Ein umfassendes Konzept zum Schutz der Natur
Die Hege ist im Bundesjagdgesetz (§ 1) fest verankert und stellt sicher, dass Jägerinnen und Jäger nicht nur Wildbestände regulieren, sondern sich aktiv für den Erhalt ihrer Lebensgrundlagen einsetzen. Dies umfasst die Pflege von Biotopen, die Schaffung von Deckungsflächen und Ruhezonen sowie Maßnahmen, die der Vermeidung von Wildschäden dienen.
Ein genauerer Blick in das Bundesnaturschutzgesetz zeigt, dass die Ziele der Hege und die des Naturschutzes eng miteinander verwoben sind. So legt das Naturschutzgesetz fest, dass Natur und Landschaft aufgrund ihres eigenen Wertes und zur Sicherung der Lebensgrundlagen des Menschen geschützt werden müssen. Hierbei geht es um den Erhalt der biologischen Vielfalt, die Pflege und die nachhaltige Nutzung von natürlichen Ressourcen. Ähnlich formuliert auch das Jagdgesetz die Pflicht zur Hege, wobei es den Fokus auf den Erhalt eines artenreichen und gesunden Wildbestandes legt und sicherstellt, dass Wildbestände im Einklang mit den landschaftlichen Gegebenheiten nachhaltig bewirtschaftet werden.
Die enge Verbindung zwischen Naturschutz- und Jagdgesetzen
Die Ähnlichkeiten im Wortlaut zwischen dem Bundesnaturschutzgesetz und dem Bundesjagdgesetz sind keineswegs zufällig. Beide Gesetzeswerke verfolgen das gleiche übergeordnete Ziel: den Schutz und Erhalt der Natur. Das Jagdrecht geht jedoch noch einen Schritt weiter, indem es die Verantwortung der Jäger für die Pflege der Lebensräume des Wildes konkretisiert. Die Hege, wie sie im Jagdrecht definiert wird, ist also nicht nur auf die Wildtiere selbst beschränkt, sondern auf das gesamte Ökosystem, das diese Tiere zum Überleben benötigen.
Durch diese Verbindung wird die Jagd zu einem umfassenden Instrument des Naturschutzes. Jägerinnen und Jäger tragen aktiv dazu bei, dass die biologische Vielfalt erhalten bleibt und Wildbestände in einem gesunden Gleichgewicht zur Natur stehen. Dies wird im Niedersächsischen Jagdgesetz (§ 3) besonders deutlich: Hier wird die Hege so geregelt, dass nicht nur Wildschäden minimiert, sondern auch die natürlichen Lebensräume der Wildarten geschützt und gepflegt werden.
Fütterung – Nur in besonderen Fällen erlaubt
Im Gegensatz zur umfassenden Hege ist die Fütterung von Wild in Deutschland streng reglementiert. Sie ist nur in Ausnahmefällen erlaubt, insbesondere in sogenannten Notzeiten, in denen Wildtiere aufgrund von extremen Wetterbedingungen (z. B. hoher Schneelage oder Vereisung) keinen Zugang zu natürlichem Futter haben. Diese Notzeiten werden von den Kreisjägermeistern bekannt gegeben. Außerhalb dieser Zeiten darf Wild nur unter klar definierten Bedingungen und in besonderen Fällen gefüttert werden, etwa um Wildschäden zu vermeiden oder ausgesetztes Wild einzugewöhnen.
Die Fütterung dient also nicht dem Zweck, Wildbestände künstlich hochzuhalten, sondern ist ein Mittel, um in extremen Situationen das Überleben der Tiere zu sichern. Wird gefüttert, darf in dem betroffenen Gebiet auf Schalenwild (z. B. Rehe und Hirsche) nicht gejagt werden. Interessant dazu ist ein Merkblatt der „Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V.“: Fütterung von Schalenwild aus Sicht des Tierschutzes (77) (Stand: April 2012)
Kirrung – Keine Fütterung, sondern eine Maßnahme zur Jagd
Im Gegensatz zur Fütterung steht die Kirrung, die oft missverstanden wird. Während die Fütterung dazu dient, das Überleben der Tiere in Notzeiten zu sichern, handelt es sich bei der Kirrung um eine Methode, kleine Mengen Futter gezielt auszubringen, um Wildtiere – insbesondere Schwarzwild – an bestimmte Stellen zu locken. Ziel der Kirrung ist es, eine kontrollierte Bejagung zu ermöglichen und Schäden an landwirtschaftlichen Flächen durch Wildschweine zu minimieren. Dabei werden die Tiere jedoch nicht regelmäßig gefüttert, sondern nur punktuell und in kleinen Mengen angelockt.
Die Kirrung dient also ausschließlich der Regulierung von Wildbeständen und ist keine Maßnahme zur dauerhaften Versorgung der Tiere. Dies unterscheidet sie grundlegend von der Fütterung.
Hege in der Praxis – Ein aktiver Beitrag zum Naturschutz
In der Praxis umfasst die Hege eine Vielzahl von Maßnahmen, die über die reine Bestandspflege hinausgehen. Dazu gehören unter anderem:
- Pflege und Anlage von Biotopen: Jägerinnen und Jäger schaffen Deckungsflächen, Ruhezonen und Äsungsflächen für das Wild. Diese Maßnahmen tragen nicht nur zum Schutz des Wildes bei, sondern fördern auch die Artenvielfalt, da viele andere Tierarten von diesen Biotopen profitieren.
- Vermeidung von Wildschäden: Durch eine angepasste Wildbewirtschaftung und gezielte Bejagung können Schäden in der Land- und Forstwirtschaft minimiert werden.
- Schutz der Lebensräume: Jäger setzen sich aktiv dafür ein, dass Lebensräume für Wildtiere auch außerhalb der Wälder erhalten bleiben. Dies beinhaltet beispielsweise den Schutz von Hecken, Feldgehölzen und Feuchtgebieten.
Fazit: Jagd und Hege – Zwei Seiten des Naturschutzes
Die Jagd und die Hege sind untrennbar miteinander verbunden. Während die Jagd in erster Linie der Regulierung der Wildbestände dient, stellt die Hege sicher, dass diese Bestände nachhaltig und im Einklang mit den natürlichen Lebensräumen bewirtschaftet werden. Die Ähnlichkeiten im Wortlaut zwischen dem Bundesnaturschutzgesetz und den Jagdgesetzen verdeutlichen, dass beide Gesetze auf denselben Zielen beruhen: dem Schutz der Natur und der Erhaltung der biologischen Vielfalt.
Jägerinnen und Jäger übernehmen mit der Hege eine wichtige Verantwortung für den Erhalt gesunder Wildbestände und tragen aktiv zum Naturschutz bei. Sie setzen Maßnahmen um, die nicht nur dem Wild, sondern dem gesamten Ökosystem zugutekommen. Hege bedeutet weitaus mehr als die Fütterung von Wildtieren – sie ist ein zentraler Bestandteil eines umfassenden Naturschutzes.
Bundesnaturschutzgesetz § 1:
(1) Natur und Landschaft sind auf Grund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen im besiedelten und unbesiedelten Bereich nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze so zu schützen, dass
- die biologische Vielfalt,
- die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter sowie
- die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaftauf Dauer gesichert sind; der Schutz umfasst auch die Pflege, die Entwicklung und, soweit erforderlich, die Wiederherstellung von Natur und Landschaft (allgemeiner Grundsatz).
(2) Zur dauerhaften Sicherung der biologischen Vielfalt sind entsprechend dem jeweiligen Gefährdungsgrad insbesondere
- lebensfähige Populationen wild lebender Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensstätten zu erhalten
- und der Austausch zwischen den Populationen sowie Wanderungen und Wiederbesiedelungen zu ermöglichen, …
Bundesjagdgesetz § 1:
(1) … Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunden.
(2) Die Hege hat zum Ziel die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepaßten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen; …
Niedersächsisches Jagdgesetz § 3:
(1) Jagd (§ 1 Abs. 4 Bundesjagdgesetz) Hege (§ 1 Abs. 2 Bundesjagdgesetz) sind so durchzuführen, dass
- die biologische Vielfalt und ein artenreicher und gesunder Wildbestand in angemessener Zahl im Rahmen einer maßvollen und nachhaltigen Wildbewirtschaftung erhalten bleiben,
- die natürlichen Bedingungen für das Vorkommen der einzelnen Wildarten erhalten bleiben,
- auch außerhalb des Waldes Deckungs- und Ruhezonen sowie Äsungsflächen für das Wild geschaffen werden, soweit dadurch die Lebensräume anderer besonders geschützter wild lebender Tierarten und besonders geschützter Pflanzenarten nicht beeinträchtigt werden und die Nutzungsinteressen der – bei Jagdpacht zur Duldung im Rahmen von Verträgen verpflichteten – Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer nicht entgegenstehen,
- Wildschäden und sonstige Beeinträchtigungen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft sowie der Natur und Landschaft möglichst vermieden und ökologische Erfordernisse berücksichtigt werden.
Niedersächsisches Jagdgesetz § 32:
(1) Wenn Wild Not leidet (Notzeit), ist für seine ausreichende artgerechte Ernährung zu sorgen. Die Kreisjägermeisterin oder der Kreisjägermeister gibt Beginn und Ende einer Notzeit für die betroffenen Bereiche bekannt. Die Jagdausübung (§ 1 Abs. 4 Bundesjagdgesetz) ist in diesen Bereichen in dieser Zeit nicht zulässig.
(2) In der Zeit vom 1. Januar bis 30. April darf Wild auch außerhalb von Notzeiten mit artgerechtem Futter gefüttert werden. Wird in dieser Zeit Schalenwild in einem Jagdbezirk gefüttert, so ist die Jagdausübung auf Schalenwild mit Ausnahme der Bejagung von Schwarzwild im Rahmen der Jagdzeitenverordnungen nicht zulässig.
(3) In der Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember darf Wild, Schalenwild jedoch nur mit Genehmigung der Jagdbehörde, artgerecht gefüttert werden, um ausgesetztes Wild einzugewöhnen oder als Ablenkung zur Vermeidung übermäßiger Wildschäden im Einzelfall. In Fremdenverkehrsgebieten können mit Genehmigung der Jagdbehörde für die Allgemeinheit zugängliche Schaufütterungen für Schalenwild errichtet und ganzjährig mit artgerechtem Futter beschickt werden, wenn dieses nicht zu übermäßigen Wildschäden im Umfeld führt. Die Genehmigungen können mit Auflagen versehen und befristet werden.
(4) Im Umkreis von 200 m um beschickte Fütterungen darf nicht auf Schalenwild gejagt werden.
(5) Die Jagdbehörde kann aus Gründen der ordnungsgemäßen Wildbewirtschaftung im Einzelfall Ausnahmen von den Regelungen der Absätze 1 bis 4 zulassen.
Ein Kommentar
Marlon Weber
Ich selber bin angehender Jäger und informiere mich täglich über Neuigkeiten. Mir war nicht bewusst, dass eine Fütterung in Notzeiten erlaubt sein kann, wenn dies mit dem jeweiligen Kreisjägermeister abgesprochen ist. Ich stelle mir gerade meine Jagdausrüstung zusammen und hoffe, dass ich die Prüfung dieses Jahr bestehen werde.