Nachhaltiges Biogas?!
An einer nachhaltigen Energiegewinnung führt mittel- bis langfristig kein Weg vorbei. Ansätze dazu gibt es viele, allerdings sind viele noch nicht ausgereift, bzw. stark an für die jeweilige Technik geeignete Standorte gebunden. Leider sind durch Förderungen, bzw. unglückliche Rechtsformulierungen Schieflagen im Energiemarkt entstanden, die die erneuerbaren Energien von der Nachhaltigkeit weit entfernen.
Gerade im Weser-Ems-Gebiet schossen, bzw. schießen Biogas-Anlagen wie Pilze aus dem Boden. Die Definition des Begriffs „Nachwachsende Rohstoffe“ schränkt die Verwertung von pflanzlichen Abfällen stark ein. So heißt es im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG):
Nachwachsende Rohstoffe: Pflanzen oder Pflanzenbestandteile, die in landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieben oder im Rahmen der Landschaftspflege anfallen und die keiner weiteren als der zur Ernte, Konservierung oder Nutzung in der Biomasseanlage erfolgten Aufbereitung oder Veränderung unterzogen wurden,
Die Negativliste führt die entsprechenden Stoffe auf, die nicht vergährt werden dürfen, wenn eine Biogasanlage förderfähig sein will.
Nicht als nachwachsende Rohstoffe im Sinne der Nummer I.1.a gelten (Negativliste):
- aussortiertes Gemüse, aussortierte Kartoffeln, aussortierte Heil- und Gewürzpflanzen sowie aussortierte Schnittblumen,
- Getreideabputz, Rübenkleinteile, Rübenschnitzel als Nebenprodukt der Zuckerproduktion,
- Gemüseabputz, Kartoffelschalen, Pülpe, Treber, Trester, Presskuchen und Extraktionsschrote aus der Pflanzenölherstellung,
- Glycerin aus der Verarbeitung von Pflanzenölen,
- Pflanzenöle, die als Abfall anfallen,
- (weggefallen)
- Bioethanol,
- Schlempe aus der Herstellung von Bioethanol,
- Säge- und Hobelspäne,
- Bioabfälle im Sinne der Bioabfallverordnung mit Ausnahme von Tierfäkalien und Abfällen aus der Forstwirtschaft sowie der Landschaftspflege und
- Kot und Harn von Heimtieren mit Ausnahme von Pferden.
Da reichlich Biomasse zum sicheren Betrieb eine Biogasanlage benötigt wird, muss der Nachschub an wirtschaftlicher Biomasse gesichert sein, so dass eine Kürzung der Negativliste sinnvoll wäre.
Um die Versorgung der Anlagen zu erreichen, wird oft großflächig meist Mais angebaut. Ein Fruchtwechsel ist dann kaum noch einzuhalten. Der Gesetzgeber fordert allerdings eine nachhaltige Bewirtschaftung der Flächen und den Schutz natürlicher Lebensräume (EEG § 64, Abs. 2, 1a):
1. dass der Anspruch auf Vergütung von Strom aus Biomasse nur besteht, wenn nachweislich
a) beim Anbau der eingesetzten Biomasse bestimmte Anforderungen an eine nachhaltige Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Flächen und zum Schutz natürlicher Lebensräume beachtet worden sind
Folgen für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes
Inzwischen werden vielerorts riesige Flächen werden mit Mais bestellt. Ehemalige Ackerrandstreifen entlang der Wege oder zwischen den ehemals unterschiedlich bestellten Schlägen sind verschwunden. Der Druck auf die Ackerflächen zur Biomasseproduktion ist örtlich derart, dass immense Pachtpreise auch für minderwertige Ackerstandorte gezahlt und Brachflächen und Grünlandstandorte umgebrochen und für den Maisanbau genutzt werden.
Welche Folgen Monokulturen für die Leistungsfähigkeit eines Systems hat, hat die Forstwirtschaft schon vor etlichen Jahren lernen müssen. Gerade in Maisfeldern wachsen kaum Beikräuter oder andere Gräser, die Wildtieren als Nahrung oder Deckung dienen können. Die typischen Feldbewohner wie Hase, Fasan oder Rebhuhn finden in den Maisäckern keinen Lebensraum, so dass ihr Bestand zurückgeht. Empfindlichere Arten wurden schon lange auf Randbereiche und kleine Refugien zurückgedrängt. Wird Mais im Anschluss an Grünroggen angebaut, verschwinden nach neuesten Zahlen pro Jahr sogar ca. 1/3 der Arten auf der entsprechenden Fläche. Letztendlich lässt die Bodenfruchtbarkeit nach und die Kulturen werden immer anfälliger für Schädlinge und Krankheiten.
CO2-Bilanz
Bei Ackerbau auf entwässerten, organischen Böden (Grünlandstandorte) werden durch die Mineralisierung der organischen Bestandteile 25 t CO2/ha pro Jahr freigesetzt . Dies und der notwendige Einsatz von Großen Maschinen (Treibstoff) und Kunstdünger führen dazu, dass die CO2-Bilanz der „grünen“ Energie so schlecht ist, dass unterm Strich mehr CO2 freigesetzt als eingespart wird. Dabei wird aber pro Einheit produzierter Energie acht bis zehn Mal mehr CO2 frei als bei der Verbrennung von Steinkohle oder Erdöl . So haben wir uns, während wir über Südostasien schimpfen, einen eigenen Palmölskandal geschaffen.
Folgen für die Menschen
Unbeachtet der ökologischen Folgen, sind die sozialen Folgen ebenfalls nicht unerheblich. Die Förderung der Biogasanlagen hat zu einer Schieflage des Wettbewerbes um landwirtschaftliche Flächen geführt. So haben sich stellenweise die Pachtpreise innerhalb von 10 Jahren verzehnfacht. Leittragende dieses Wettbewerbs sind vor allem kleinere und mittlere Familienbetriebe, Betriebe, die in ihrem Dorf verwurzelt sind und dort einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Identität der Dorfgemeinschaft mit ihrer Umwelt beitragen. Meist lebt eine ganze Familie von einem Betrieb, die im Falle einer Betriebsaufgabe im ländlichen Umfeld nur schwer eine Beschäftigung fände und sehr weite Strecken mit dem Auto zurücklegen müsste, was bei der zu erwartenden Entwicklung der Treibstoffpreise ebenfalls dauerhaft zu Problemen führen wird oder durch den Staat finanziert werden müsste.
3 Kommentare
Gertrud
Super Beitrag! Was kann man noch tun, um diese Erkenntnisse in die Köpfe der Verantwortlichen zu transportieren? Heute habe ich das hier gelesen:
http://bit.ly/fo0nll
Das haut mich dann einfach um.
Freundliche Grüße
Gertrud
Rene
Hat jemand mal die CO2 Bilanz gerechnet, vom gefühl habe ich auch immer gedacht das mehr CO2 beim Anbau von Mais frei wird als eingespart werden kann. Nach dem Ich meherere Arbeiten gesehen habe die auf andere Werte kommen, musste ich meine Meinung ändern.
Was bei der ganzen Diskussion um Biogas vergessen wird, wie sieht es mit der CO2 Bilanz des Biodiesel- und Ehanolproduktion aus?
Bevor man sich eine Meinung über etwas bildet sollte man Fakten haben und schaffen. Denn kein Landwirt kann „Maismono“anbauen ohne eine Gründüngung, da die Humusbilanz zu stark negativ wird und er seine EU-Prämien verliert. Kein Landwirt kann auf seine Prämien versichte. Ohne Prämien wäre unser billiges Nahrungsmittel „Schlarafenland“ in Europa nicht zu halten und jeder der sich mit den Cross Complinance Regeln, Düngermittelvorschriften usw. in Deutschland beschäftigt sieht wie gut und unterwelchen Standardts unsere Lebensmittel produziert werden.
Nach ein Wort zum Petizid- und Düngemitteleinsatz im Mais:
– im Mais brauch ich viel weniger Stickstoff um Masse zu produzieren als in anderen Kulturen (Aufgrund der Morphologie ist das schon Begründet C4 Pflanze)
– es wird nur 1 bis 2 Pflanzenschutbehandlungen gemacht und nur gegen Beikräuter
– die schädlichsten Pflanzenschutzmaßnahmen sind Insektizid Behandlungen (im Mais bisher kaum nötig)
Ich bin keine Freund von Monokulturen, aber solange die Menschen/Lebensmittelhandel/Industrie am meisten am Produkt Gewinn erzielen und die Landwirte nicht ein ausreichendes Auskommen haben, bin ich dafür das Landwirte noch weitere einkommens Quellen haben aus Ihre Produkte zu Lebensmittel verarbeiten zu lassen. In der Welt haben wir auch keine Nahrungsmittelproblem, sondern nur ein Verteilungsproblem.
Raddetal
Ich denke, die Probleme bei Bioethanol oder Biodiesel sind die gleichen. Und bei Ackerbau auf organischen Böden wird die CO2-Bilanz immer ähnlich schlecht ausfallen, weil der Kohlenstoffumsatz dort so hoch ist – da geht es dann (erst mal) auch ohne Gründüngung.
Aber unter anderem deswegen finde ich auch eine Überarbeitung der Förderpolitik der EU wichtig. Die Landwirtschaft ist (bei uns) mehr als „nur“ Produzent. Sie ist auch verantwortlich für die Kulturlandschaft und Motor im dörflichen Leben. Was geschieht mit den Dörfern ohne gesunde Familienbetriebe?